Kanton St.Gallen:
revidiertes Submissionsrecht ab 1. Juni 2023

Im Kanton St.Gallen ist per 1. Juni 2023 das revidierte Submissionsrecht in Kraft getreten. Damit sind für Ausschreibungen, welche ab dem 1. Juni 2023 publiziert werden, neu folgende Rechtsgrundlagen massgebend:

  • Einführungsgesetz zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aus dem Jahr 2019 vom 15. November 2022
  • Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. April 2023
  • Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. November 2019

Für die allgemeinen Neuerungen, welche aufgrund der revidierten IVöB von den Vergabestellen zu beachten sind, verweisen wir auf unsere bisherigen Beiträge in der Serie zur IVöB-Revision. Einige Besonderheiten, die das revidierte Submissionsrecht des Kantons St.Gallen enthält, stellen wir kurz vor:

KMU-Schutz
Vergabestellen im Kanton St.Gallen haben nach Möglichkeit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Leistungsfähigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen zu nehmen. Dies soll – soweit sinnvoll – insbesondere mit der Aufteilung grösserer Aufträge in Lose umgesetzt werden. Zudem soll bei der Festlegung von Teilnahmebedingungen, Eignungskriterien und technischen Spezifikationen auf unnötig hohe Anforderungen verzichtet und grundsätzlich Bieter- bzw. Arbeitsgemeinschaften sowie Subunternehmen zugelassen werden.

Nachhaltigkeit
Vergabestellen sind angehalten, in allen Phasen des Beschaffungsverfahrens die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zu beachten – und damit nicht einzig mit entsprechenden Zuschlagskriterien. Nachhaltigkeitsaspekte sollen somit bereits bei der Bedarfsabklärung berücksichtigt werden und können daher über die Definition nachhaltiger Spezifikationen sowie Überlegungen zur Lebensdauer, Wiederaufbereitung und Entsorgung einfliessen.

Weiterhin gilt für kantonale Vergabestellen die Pflicht, die im offenen und selektiven Verfahren offerierten Nettopreise nach der Öffnung der Angebote zu veröffentlichen.

Des Weiteren ist im Kanton St.Gallen zwingend von sämtlichen an der Durchführung einer Ausschreibung beteiligten Personen (Mitarbeitende wie beigezogene Dritte) eine Erklärung ihrer Unbefangenheit als Massnahme gegen Interessenkonflikte und Korruption einzuholen. Auch von den Anbietenden muss eine entsprechende Verpflichtung in Form einer Integritätsklausel verlangt werden.

Anbietende haben in Kanton St.Gallen neu den Anspruch auf die Durchführung eines Debriefings. Dafür entfällt die bisherige Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs vor Erlass einer Verfügung. Eine Vergabestelle kann dennoch freiwillig das rechtliche Gehör gewähren, was insbesondere bei einem Ausschluss empfehlenswert sein kann.